Roy A. Welker writes to the Gestapo explaining the Church and its mission in Germany.
Roy A. Welker, Letter to Geheime Staatspolizei, May 15, 1936, R 58/5686, Bd. 14, NS-Archiv des MfS/ZB I 1123, Bundesarchiv, Berlin, Germany
15. Mai 1936.
An das Geheime Staatspolizeiamt. Zimmer 339. Berlin SW. Prinz Albrechtstraße.
Sehr geehrte Herren,
In Erfüllung Ihres Auftrags an unsere Herren Herbert Klopfer und Roy E. Babbel vom 30. April dieses Jahres, Beweise herbeizubringen, die zeigen, dass unsererseits etwas hinsichtlich der Ihnen unterbreiteten Klagen betreffs des Verhaltens gewisser Missionare, während deren Tätigkeiten getan worden ist, erlaube ich mir, beigefügtes Schreiben zu übermitteln. Mittels weiterer Erklärung über unsre Einstellung unterbreite ich Ihnen gleichzeitig nachfolgende Zeilen und hoffe zuversichtlichste, dass Sie beiden Ihre gütige Aufmerksamkeit und Beachtung schenken werden.
Am 8. September 1933 gab Herr Dr. Oliver H. Budge, mein Vorgänger im Amt, vor Ihnen eine Erklärung über unsere Grundsätze und Lehren ab. Diese haben sich nicht geändert. Durch jenes Schriftstück sind Sie vertraut mit unseren Idealen und Zielen und dem, was wir bestrebt sind zu verwirklichen, nämlich Frieden, Wohlwollen, ein besseres Leben, Zusammenarbeit im Erreichen rechtschaffenen Vorhaben vermittels einer gesunden religiösen Lebensführung und eines festen Glaubens an den Ewigen Gott zuwege zu bringen.
Wir als die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage sind seit nahezu neunzig Jahren in diesem Land ansässig und sind in dieser langen Zeit niemals als Störenfriede erfunden worden. Im Gegenteil wird, glaube ich, gezeigt werden können, dass wir immer im Einklange mit allen auf Frieden gedachten Unternehmungen und mit der Regierung in ihren Bestrebungen zur Förderung der Interessen des Volkes standen. Dies trifft in Sonderheit auf die gegenwärtige Zeit zu, da die Grundsätze unseres Glaubens in ihrem Wesen mit den jetzt im Lande wirkenden harmonisch sind. Darum ist es, dass wir als eine religiöse Organisation unsere Tätigkeiten durchführen können, ohne in Konflikt mit den Zielen der Regierung zu geraten, uns gleichzeitig aber von jeglicher Beteiligung an politischen Angelegenheiten fernhalten. Politik gehört nicht zu unserem Arbeitsgebiet. Wir gestatten nicht, dass in unseren religiösen Zusammenkünften über Politik gesprochen werden, sind andererseits jedoch keineswegs gegen eine freie Betätigung unserer Mitglieder in der Partei ihres Landes. Sollte andererseits eines unserer Mitglieder sich des Bruches der Gesetze des Landes schuldig machen, wird es als ein unwürdiges Mitglied und aus einer Gemeinschaft ihrer Mitmenschen nicht würdiges Glied betrachtet. Dies ist unsre Stellung zur Regierung und deren Rechten, die Sie sicherlich gleichfalls als gerecht und vernünftig ansehen werden. In vielen Ländern der Erde genießen wir einen guten Ruf als ein fleißiges Volk, ein Volk mit hohen Idealen und dem tiefen Wunsch, das Beste, das im Leben nur erreicht werden kann, zuwege zu bringen. Wir treten ein für Reinheit der Lebensführung, und wir leben dementsprechend. Mit wenigen Ausnahmen gebrauchen unsre Mitglieder keine Reizmittel, wie Alkohol oder Stoffe, die Nikotin, Coffein, Teein, Opium oder andere Stoffe enthalten. Wir glauben an das Befolgen der Gesetze der Gesundheit, um körperlich und geistig kräftig bis zum Ende zu sein, damit wir jederzeit ein nützliches Wesen für uns, unsern Nächsten, unser Land und unsern Gott sein können. Wir lehren und üben Tugend, haben nur einen sittlichen Maßstab für Männer und Frauen und legen dadurch die Grundlage für gegenseitiges Vertrauen zwischen Mann und Frau, für gesunde ehrenhafte Heime, die unseres Glaubens gemäß den Säulen irgendwelcher Unternehmungen und aller Nationen sind. Diese und ähnliche Tugenden sind in den Herzen unsrer Mitglieder verankert als tiefe religiöse Überzeugungen, die sie zu zuverlässigen, vertrauenswürdigen, ehrlichen und gerechten Menschen machen. Man stellt uns als Volk häufig falsch dar, weil man uns vielfach nicht versteht. Wenn aber dann unsre Ziele und unsre Art der Lebensführung verstanden werden, werden wir überall, wo wir uns befinden, als gute und nützliche Glieder anerkannt.
Aus den gleichen Gründen stoßen unsre Missionare öfters auf Schwierigkeiten. Man versteht sie nicht immer. Manchmal fehlt ihnen die Erfahrung, die volle Weisheit verleiht, aber, darf ich Ihnen versichern, sie sind alle bestrebt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, das heißt, sie wollen der menschlichen Gesellschaft nützlich und keinesfalls lästig sein. Manchmal geschieht es aber, dass sie in ihrem Umgang mit vielen Menschen mit solchen zusammenkommen, die den Frieden und die Einigkeit, den die Regierung dieses Landes so ernsthaft erstrebt, stören und kreuzen wollen. Gegen solche Einzelpersonen habe ich unsre Missionare so eindringlich in Absatz 2 meines Briefes Nr. 13 vom 6. Mai 1936 gewarnt habe. Diese Kirche harmoniert nicht im Geringsten mit solchen widerwärtigen Kräften, und darum nahm ich diese Gelegenheit wahr, unsre Missionare gegen sie in dem erwähnten Schreiben zu warnen, wie ich das auch stets mündlich tue, wenn ich mit ihnen zusammen bin. Sollte einer oder mehrere von ihnen irgendwann der absichtlichen Verletzung dieser Anweisung schuldig sein, werden sie sofort zur Rechenschaft gezogen. In gleicher Weise werden sie getadelt, wenn sie sich der Nichtachtung irgendeiner anderen Verordnung oder Gesetzes, unter dem sie leben, schuldig gemacht haben. So handeln wir immer. Wenn jedoch unabsichtlich hier und da Fehler gemacht werden, bitten wir um Rücksichtnahme und um Gelegenheit, sie zu berichtigen, ehe wir verurteilt werden. Wir schätzen die unparteiische und vorurteilsfreie Beachtung, die uns zur Zeit von den Behörden dieses Landes gewährt wird, ohne Begünstigung oder Vorurteil, sondern im Einklang mit den Grundsätzen religiöser Duldsamkeit, die seitens der Regierung verkündigt und aufrecht erhalten wird. Dies steht gleichzeitig in Einklang mit Artikel 1 des Übereinkommens für die Ausübung des Handels, der Kunst, der Wissenschaft, der Religion usw. zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Würden wir in dieser Hinsicht nicht unser Teil tun, würden wir höchste Undankbarkeit für solche Beachtung an den Tag legen.
Darf ich nun in diesem Zusammenhang einen weiteren Gedanken zu Ihrer geflissentlichen Kenntnisnahme hinzufügen. Bisweilen hat man erklärt, unsre Missionare, da sie größtenteils Ausländer seien, wären für die Interessen dieses Landes gefährlich. Dies trifft keinesfalls zu. Im Gegenteil sind sie in der Lage, die Anstrengungen und Bestrebungen des deutschen Volkes mit eigenen Augen beobachten, können den Geist ihrer ernsthaften Ziele verspüren und können das alles passend und mitfühlend ihren eignen Landsleuten erklären, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren. Dies tun sie auch. Die Missionare, die aus allen Teilen der Weststaaten Amerikas kommen und von denen jährlich 40 bis 50 wieder nach U.S.A. zurückfahren, machen dort ihren Einfluss für sympathisches Verstehen und herzliche Freundschaftsverhältnisse mit dem deutschen Volk bei den in Amerika geltend, und dies ist keineswegs von geringfügiger Bedeutung. Um dies kurz zu veranschaulichen, ist erst kürzlich festgestellt worden, dass die Zeitungen und Zeitschriften Westamerikas viel weniger Kritik an Deutschland übten und viel günstigere Berichte über Deutschland und seine Aufbauarbeit brachten, als die Druckschriften in anderen Teilen Amerikas.
Es geschieht nicht selten, dass unsre zurückgekehrten Missionare in ihrer Heimat aufgefordert werden, vor Vereinigungen der Wirtschaft und anderer Interessen über Deutschland zu sprechen. Bis jetzt habe ich noch nicht einen einzigen Fall gehört, dass seitens eines zurückgekehrten Missionars nachteilige Reden über Deutschland gehalten worden wären, vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Einige dieser Männer sind in Kreisen der Staatspolizei bekannt, obgleich sie sich selber nicht gleich erinnern werden. Herr Skidmore, der im vergangenen Herbst mit Herren der Staatspolizei Berlin drei Stunden lang sprach, schrieb mir vor einigen Tagen aus Logan, Utah: „Mein Herz ist noch ganz für Deutschland und, und ich freue mich, immer gut von Deutschland und seinem Volk sprechen zu können.“ Herr Paxman, der ein Jahr lang unser Missionssekretär war und der Berliner Universität nach seiner Entlassung aus den Missionarsdienst angehörte, hat in seiner Heimat Provo, Utah, Vorträge günstigster Art über Deutschland und sein Volk gehalten. Ich führe diese Beispiele nur an, um zu zeigen, dass diese Männer keineswegs eine Schädigung, sondern vielmehr ein Nutzen für das Land sind, und dies noch aus einem anderen Grunde. Sie beziehen während ihres Hierseins keinerlei Gehälter oder Löhne. Alles Geld, das sie hier verbrauchen, besteht aus Mitteln, die sie sich in früheren Jahren selbst aufsparten für diesen Zweck oder die ihnen von Eltern oder Freunden übersandt werden. Deswegen bieten sie diesem Lande keinerlei wirtschaftliche Schwierigkeiten, sondern sind in dieser Hinsicht vielmehr auch ein Nutzen.
Aus dieser kurzen Erklärung glaube ich vertrauensvoll, dass wir, unsre Sache und unsre Ziele gut verstanden werden. Wir bitten nicht um besondere Gunst, denn wir wissen, das wäre ungerecht. Wir bitten nur um Berücksichtigung und Verständnis. Wir sind fest entschlossen, die Gesetze zu befolgen und Fehler, wenn sie vorkommen, richtig zu stellen, denn ich bin überzeugt, dass sie nicht absichtlich geschehen werden.
Ergebenst,
Roy A. Welker
Missionspräsident
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May 15, 1936
To the Secret State Police Office, Room 339, Berlin SW, Prinz Albrechtstraße.
Dear Sirs,
In fulfillment of your request to our gentlemen Herbert Klopfer and Roy E. Babbel on April 30 of this year to provide evidence showing that we have taken action regarding the complaints presented to you concerning the behavior of certain missionaries during their activities, I take the liberty of transmitting the attached letter. By offering further clarification of our position, I also submit the following lines and sincerely hope that you will kindly give them your attention and consideration.
On September 8, 1933, Dr. Oliver H. Budge, my predecessor in office, made a statement before you regarding our principles and teachings. These have not changed. That document made you familiar with our ideals and objectives and with what we are striving to achieve, namely peace, goodwill, a better life, cooperation in achieving righteous endeavors through a healthy religious lifestyle, and a firm belief in the Eternal God.
As the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, we have been established in this country for almost ninety years, and in all that time we have never been found to be troublemakers. On the contrary, I believe it can be shown that we have always aligned ourselves with all endeavors promoting peace and with the government in its efforts to advance the interests of the people. This is especially true in the present time, as the principles of our faith are fundamentally harmonious with those currently at work in the country. Therefore, as a religious organization, we can carry out our activities without coming into conflict with the objectives of the government while at the same time refraining from any involvement in political matters. Politics is not within our purview. We do not permit political discussions in our religious meetings, but we are by no means opposed to the free engagement of our members in the party of their country. If, however, one of our members is found guilty of breaking the laws of the land, they are considered an unworthy member and deemed unworthy of being part of a community of their fellow men. This is our position regarding the government and its rights, which I am sure you will also regard as just and reasonable. In many countries around the world, we enjoy a good reputation as a diligent people, a people with high ideals and a deep desire to achieve the best that life can offer. We stand for purity of lifestyle and strive to live accordingly. With few exceptions, our members do not use stimulants such as alcohol or substances containing nicotine, caffeine, theine, opium, or other harmful elements. We believe in following the laws of health to remain physically and mentally strong until the end, so that we can always be a useful presence for ourselves, our neighbors, our country, and our God. We teach and practice virtue, uphold a single moral standard for both men and women, and thereby lay the foundation for mutual trust between husband and wife and for healthy, honorable homes, which, according to our beliefs, are the pillars of any endeavor and of all nations. These and similar virtues are deeply rooted in the hearts of our members as profound religious convictions, making them reliable, trustworthy, honest, and just individuals. We are often misrepresented as a people because we are frequently misunderstood. But when our goals and way of life are understood, we are acknowledged as good and useful members wherever we are found.
For the same reasons, our missionaries often encounter difficulties. They are not always understood. Sometimes they lack the experience that imparts full wisdom, but may I assure you that they all strive to meet their responsibilities, which means they want to be useful to human society and by no means a burden. However, it occasionally happens that in their interactions with many people, they come into contact with those who seek to disrupt and undermine the peace and unity that the government of this country so earnestly strives to achieve. I warned our missionaries emphatically against such individuals in paragraph 2 of my letter No. 13 of May 6, 1936. This Church has no affinity whatsoever with such disruptive forces, and therefore I took the opportunity to warn our missionaries against them in the aforementioned letter, as I always do verbally whenever I meet with them. If any of them are ever found guilty of deliberately violating this directive, they will be immediately held accountable. Similarly, they are reprimanded if they are guilty of disregarding any other regulation or law under which they live. This is always our course of action. However, if unintentional mistakes are made here and there, we ask for understanding and the opportunity to correct them before being judged. We appreciate the impartial and unbiased consideration that we are currently receiving from the authorities of this country, without favoritism or prejudice, but in line with the principles of religious tolerance that are proclaimed and upheld by the government. This is also in accordance with Article 1 of the Convention for the Exercise of Commerce, Art, Science, Religion, etc., between Germany and the United States of America. If we did not do our part in this regard, we would be showing the utmost ingratitude for such consideration.
May I now, in this context, add another thought for your kind attention? At times, it has been claimed that our missionaries, being mostly foreigners, are dangerous to the interests of this country. This is by no means the case. On the contrary, they are in a position to observe the efforts and endeavors of the German people with their own eyes, to feel the spirit of their earnest objectives, and they can appropriately and sympathetically explain all this to their own countrymen when they return home. They do this. The missionaries, who come from all parts of the western United States and of whom 40 to 50 return to the U.S.A. annually, make their influence felt in promoting sympathetic understanding and cordial relations with the German people in America, and this is by no means insignificant. To illustrate this briefly, it has recently been observed that the newspapers and magazines of western America expressed far less criticism of Germany and reported much more favorably on Germany and its rebuilding efforts than the publications in other parts of America.
It is not uncommon for our returned missionaries to be asked to speak before associations of business and other interests about Germany in their homeland. So far, I have not heard of a single case where a returned missionary has given a negative speech about Germany; rather, the opposite is true. Some of these men are known in police circles, although they themselves may not immediately remember. Mr. Skidmore, who spoke for three hours with gentlemen of the Berlin State Police last fall, wrote to me a few days ago from Logan, Utah: “My heart is still very much for Germany, and I am always pleased to speak well of Germany and its people.” Mr. Paxman, who was our mission secretary for a year and who attended the University of Berlin after being released from his missionary service, has given very favorable talks about Germany and its people in his hometown of Provo, Utah. I cite these examples only to show that these men are by no means a detriment but rather a benefit to the country, and this for another reason as well. They receive no salaries or wages during their time here. All the money they spend here consists of funds they themselves saved up in previous years for this purpose or that have been sent to them by parents or friends. For this reason, they pose no economic difficulties for this country but rather represent an advantage in this regard.
With this brief explanation, I confidently believe that we, our cause, and our goals are well understood. We do not ask for special favors, as we know that would be unfair. We ask only for consideration and understanding. We are firmly resolved to obey the laws and to correct mistakes if they occur, for I am convinced that they will not be made intentionally.
Respectfully,
Roy A. Welker
Mission President