The Stuttgarter NS-Kurier describes Utah and interviews Heber J. Grant.
"Der „Heilige“ als Börsenfürst," Stuttgarter NS-Kurier, September 2, 1937, 11
In Europa sind die Mormonen, die im Westen der USA. wohnen, nur als etwas sonderbare Käuze bekannt; die meisten Menschen müssen von ihnen nur soviel, daß sie ehemals der Vielweiberei huldigten und daß ein gewisser Brigham Young eines Tages behauptet hatte, in Utah, in der Nähe des Salzsees, die echten Gesetzestafeln Moses gefunden zu haben. Das wissen, wie gesagt, die meisten Europäer von den Mormonen. In den Vereinigten Staaten sind die Mormonen hingegen als gewiegte Geschäftsleute bekannt; außerdem führen sie letzt einen erbitterten Kampf um die Einführung einer Doppelwährung, weil sie die Besitzer der größten Silberminen Amerikas sind.
Die Hauptstadt des Staates Utah, Salt Lake City, ist die Hochburg des Mormonentums. Wir lernten sie als eine moderne Riesenstadt mit wundervollen Palästen kennen. Das schönste Gebäude in Salt Lake City ist das mormonische Kirchenamt; in ihm sitzt der 89 Jahre alte Chef der Mormonenkirche, Mister Heber John Grant. Innerhalb der Religionsgemeinschaft führt er den Namen “Der Heiligen”; die Gemeinde selbst bezeichnet sich als die “Gemeinschaft der Heiligen der letzten Tage”. Wir machten dem “Heiligen” einen Besuch. Trotz seines Alters ist er erstaunlich gelenkig, lebhaft und geistesfrisch. Es war echt amerikanisch, als er uns fragte: “Über was möchten Sie mit mir zu sprechen — über die Mormonen Kirche oder über die Bergwerke von Utah?” Wir wollten über beide Themen reden.
Die zwölf Apostel
„Das geht“, sagte der „Heilige“ lächelnd, „denn wir beherrschen den Staat Utah, und so sind wir die Herren der Kirche und der Börse. Darin liegt unsere Kraft!“ Die Mormonenkirche besitzt allein 257 Bergwerke, in denen Gold, Silber, Kupfer, Blei und Zink gefördert wird. Der „Heilige“ sprach vollkommen offen über die Organisation der Mormonenkirche. Die Mormonenkirche hat ein Vermögen von rund 45 Millionen Dollars.
„Dieses Kapital“, sagte der „Heilige“, „haben wir uns im Laufe der Jahre erarbeitet; es steckt natürlich in unseren Unternehmungen. An der Spitze der Kirche stehe ich. Unter mir habe ich zwölf Apostel, wir haben unsere Kirche nach der Bibel eingerichtet; diese Apostel haben sowohl ihr geistliches, als auch ihr weltliches Amt zu verwalten. Jeder von ihnen ist Präsident mehrerer Zuckerfabriken, Warenhäuser, Hotels und Siedlungen; die „Hilfsapostel“ sind Bankdirektoren. Einer der Bischöfe ist Generaldirektor aller staatlichen Bergwerke.“
Vor 110 Jahren gründete ein gewisser Brigham Young die Sekte der Mormonen. Seine Anhänger waren über die ganze Union verstreut. Er sammelte sie, und – um sie den Verfolgungen der staatlichen Behörden zu entziehen – führte sie nach Utah, das damals eine allgemein gemiedene Wüste war. In knapp dreißig Jahren strömten hier ungefähr 300 000 Menschen zusammen. Fromme Menschen, die in Young tatsächlich eine Art Apostel sahen. Zuerst wohnten sie in Zelten, dann in elenden Baracken, dann in Häusern und schließlich in Palästen. Man mag über den seltsamen Young denken, wie man will; er hatte den Taktik, mit seinen Leuten das Land auszuroden, er hatte den Mut, in der Wildnis auszuharren und er hatte die Gabe, aus seinen Leuten das Beste herauszuholen. Nur so ist es erklärlich, daß in einer Menschenalter aus einer Wüste ein blühendes Paradies werden konnte.
Als er mit 10 000 Gläubigen im Jahre 1827 am Salt Lake eintraf, begann er sofort eine Stadt zu bauen und nannte sie – Neu Jerusalem. Mitten in der Stadt errichtete er einen großen Tempel, der im Jahre 1847 fertig wurde und einer riesigen Luftschiffhalle gleicht. In das "Allerheiligste" dürfen nur die "Berufenen" gehen; alle anderen müssen sich mit dem Vorraum begnügen. Dieser Tempel ist heute eine Attraktion ersten Ranges; täglich kommen mehrere Dutzend Autobusse aus dem Westen und aus dem Osten und bringen Fremde in die Stadt. Sie heißt schon lange nicht mehr Neu-Jerusalem; sie führt den bürgerlichen Namen Salt Lake City (Salzseestadt) und gleicht auf das Haar den anderen Riesenstädten der Union.
Das Wunder des Salzees
Am Salzsee erhebt sich, ebenfalls von den Mormonen gebaut und von einem der zwölf Apostel verwaltet, eines der modernsten Seebäder der Union. Ein Wellenkratzer steht neben dem anderen. Neunzehn hochmoderne Hotels stehen den Reisenden zur Verfügung. Und Reisende gibt es hier mehr als in allen anderen Seebädern der Union zusammen! Wenn die extravaganten reichen Amerikanerinnen keine Freude mehr an Long Island, Atlantic City und Palm Beach haben, fahren sie nach Salt Lake City. Denn hier gibt es das Wunder des Saltair. Zu Tausenden liegen die jungen Damen auf dem Wasser, in dem man nicht untergehen kann; sie liegen wirklich oben — wie Korke. Sie plätschern im dichten Salz herum, da die meisten nicht schwimmen können oder wollen, finden sie hier immer neue Ueberraschungen. In den Hotels spielt die Musik. Am Abend wird getanzt—ein unglaublicher Luxus macht sich breit! Und alles das wird von der Mormonenkirche verwaltet! Von den eigenen Leuten verlangen die Sparsamkeit und Einfachheit; und das ist gut. Den Fremden bieten sie jeden Luxus. Und das ist auch gut. Denn das trägt Riesen...
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In Europe, the Mormons, who live in the western USA, are known only as somewhat peculiar fellows; most people only know about them that they once practiced polygamy and that a certain Brigham Young once claimed to have found the real tablets of Moses near the Salt Lake in Utah. That's what most Europeans know about the Mormons. In the United States, however, the Mormons are known as shrewd businesspeople; moreover, they are currently engaged in a bitter struggle for the introduction of a dual currency because they own the largest silver mines in America.
The capital of the state of Utah, Salt Lake City, is the stronghold of Mormonism. We got to know it as a modern giant city with wonderful palaces. The most beautiful building in Salt Lake City is the Mormon Church Office; the 89-year-old leader of the Mormon Church, Mister Heber John Grant, resides there. Within the religious community, he is known by the name “The Saint”; the community itself calls itself the “Community of the Saints of the Last Days.” We paid a visit to the “Saint.” Despite his age, he is remarkably agile, lively, and mentally alert. It was truly American when he asked us: “What would you like to talk to me about — the Mormon Church or the mines of Utah?” We wanted to talk about both topics.
The Twelve Apostles
“That’s fine,” said the “Saint” with a smile, “because we control the state of Utah, and thus we are the masters of the church and the stock exchange. That is our strength!” The Mormon Church alone owns 257 mines, where gold, silver, copper, lead, and zinc are mined. The “Saint” spoke completely openly about the organization of the Mormon Church. The Mormon Church has a fortune of around 45 million dollars.
“This capital,” said the “Saint,” “we have accumulated over the years; it is, of course, invested in our enterprises. I am at the head of the church. Under me, I have twelve apostles; we have organized our church according to the Bible; these apostles have both their spiritual and their secular offices to manage. Each of them is president of several sugar factories, department stores, hotels, and settlements; the “assistant apostles” are bank directors. One of the bishops is the general director of all state mines.”
110 years ago, a certain Brigham Young founded the sect of the Mormons. His followers were scattered throughout the Union. He gathered them, and — to escape persecution by the state authorities — led them to Utah, which was then a generally avoided desert. In just under thirty years, about 300,000 people flocked here. Pious people who saw Young as a kind of apostle. At first, they lived in tents, then in miserable barracks, then in houses, and finally in palaces. You may think what you like about the strange Young; he had the tactic to clear the land with his people, he had the courage to endure the wilderness, and he had the ability to bring out the best in his people. Only in this way can it be explained that within a generation, a desert could become a flourishing paradise.
When he arrived at the Salt Lake in 1827 with 10,000 believers, he immediately began building a city and named it — New Jerusalem. In the middle of the city, he erected a large temple, which was completed in 1847 and resembles a huge airship hangar. Only the “chosen ones” are allowed to enter the “Holy of Holies”; all others must be content with the anteroom. This temple is now a first-class attraction; several dozen buses come daily from the west and the east and bring strangers to the city. It has long since been no longer called New Jerusalem; it bears the civic name Salt Lake City (Salzseestadt) and resembles the other giant cities of the Union in every detail.
The Wonder of the Salt Lake
At the Salt Lake, one of the most modern seaside resorts in the Union, also built by the Mormons and managed by one of the twelve apostles, rises. A skyscraper stands next to another. Nineteen ultra-modern hotels are available to travelers. And there are more travelers here than in all other seaside resorts in the Union combined! When extravagant wealthy American women no longer find joy in Long Island, Atlantic City, and Palm Beach, they travel to Salt Lake City. Because here is the wonder of Saltair. Thousands of young women lie on the water, where you cannot sink; they really float on top — like corks. They splash around in the dense salt, and since most cannot swim or do not want to, they always find new surprises here. Music plays in the hotels. In the evening, there is dancing — incredible luxury spreads out! And all this is managed by the Mormon Church! From their own people, they demand frugality and simplicity; and that is good. To strangers, they offer every luxury. And that is also good. Because that brings in giants...